Scheibenbremse einbremsen
Profi-Schrauber-Tipp: Scheibenbremsen richtig einbremsen - der Belag macht die Musik!
Sieht der Bremsbelag so aus, ist Eile geboten...
Wer kennt das nicht auch?
- Schleifende Bremsen?
- Quietschende Bremsen?
- Verglaste Bremsbeläge?
- Schwache Bremsleistung?
Jede Scheiben-Bremsbelag Kombi MUSS eingebremst werden, sowohl beim Neukauf als auch beim Einbau von neuer Scheibe oder neuen Belägen!
Warum?
Die beiden Reibpartner Bremsscheibe (Disc) und Bremsbelag müssen aufeinander eingeschliffen (eingebremst) werden. Hört sich kompliziert an - ist es aber nicht. Nur eine gut eingebremste Bremsanlage macht erst richtig Spaß.
Was für das Auto gilt, auch in der Formel-1 heute noch gemacht werden muss, ist durch ABS heutzutage einfacher als früher. Doch auch beim Auto wird empfohlen, im Neuzustand oder beim Austausch von Scheiben oder Belägen die neue Bremsanlage einzubremsen und nicht zu überlasten.
Nicht anders ist es beim Fahrrad oder Pedelec!
Da man jedoch beim Fahrrad wenig oder keinerlei Nebengeräusche hat, ist z.B. eine schleifende Bremse sehr auffällig - sogar unangenehm. Beim Auto ist durch Motor- und Fahrtgeräusche die (immer) schleifende Bremse kaum zu hören.
Beispiel einer Shimano Disc mit Centerlock-Aufnahme
Beispiel eines Shimano Belages in Resin-Ausführung
EINBREMSEN - so geht`s:
- Auf einer leicht abschüssigen Straße mit "schleifender" Bremse bergab fahren (= Hebel ist leicht gezogen, so dass der Belag an der Scheibe anliegt und schleift).
- Geschwindigkeit ca. 25km/h genügt völlig, wir empfehlen dies auf Asphalt vorzunehmen.
- Vorder- und Hinterradbremse abwechselnd betätigen.
- Pro Seite ca. 10 Sekunden, damit der Belag und die Scheibe Temperatur aufnehmen kann.
- Diesen Einbremsvorgang mehrfach (10 - 15 mal) wiederholen.
- Niemals in dieser Einbremsphase Vollbremsungen bis zum Stillstand vornehmen, ein sachtes Ausrollen ist vorteilhafter.
Man erkennt am veränderten Bremsgeräusch und an der gesteigerten Bremsleistung den Erfolg!
Nun ist der Belag "ausgegast", von Verunreinigungen befreit und auf der Scheibe eingebremst, gleichfalls ist die Haltbarkeit der Beläge deutlich erhöht.
Häufige Fehlerquellen beseitigen:
- Verglaster Belag
Beläge können bei falschem Einbremsen oder zu hohen Temperaturen verglasen. Dabei wird die Oberfläche des Belages zu einer harten Schicht verdichtet - eine Reibung existiert fast nicht mehr. Der Belag schreit förmlich, oft kurz vor dem Stehenbleiben! Dies betrifft die meisten Sinterbeläge (Resin), die auch am häufigsten in den Standard-Bremsanlagen verbaut sind. Durch das Abziehen der Beläge und Bremsflächen an der Scheibe mit Schmirgelpapier und einem erneuten Einbremsen lässt sich dieses Problem meist schnell beseitigen. Bei sehr leichten Bikern/innen steht dies öfters auf der Tagesordnung, da diese durch das fehlende Fahrergewicht nicht die nötige Temperatur herbekommen. Hier kann eventuell kurz ein "schwerer" Partner aushelfen oder es wird eine etwas steilere Abfahrt gesucht. Eine weitere Option wäre die Möglichkeit auf Metall-Beläge umzusteigen. Diese zeichnen sich durch eine höhere Bremsleistung aus, welche durch Metall-Späne im Belag erreicht werden (im Race-Bereich wird diese Belagsmischung häufig eingesetzt, da hier meist nur kurz und stark abgebremst wird). Der Nachteil dieser Ausführung in höherem Verschleiß und einer stärkeren Geräuschentwicklung ist hier zweitranging - die Bremsperformance steht im Vordergrund!
- Längere Standzeit - Oxidschicht
Steht das Bike einmal länger, z.B. im Winter, kann sich auf dem Belag und der Scheibe eine Oxidschicht bilden. Viele Autofahrer kennen das bei ihrer Bremsanlage - die Scheibe ist mit rot-braunen “Flugrost”-Flecken förmlich übersäht. Auch hier ist die Bremsleistung schwach und ebenfalls mit Quietsch/Schleif-Geräuschen verbunden. Meist kann man dieses Problem durch ein längeres Schleifenlassen der Bremsen beseitigen, durch die Hitze wird die Oxidschicht abgetragen (Vorgehensweise wie beim Einbremsen). Sollte danach immer noch keine Verbesserung vorliegen, sollten die Beläge erneuert werden.
- Verölter Belag - Scheibe
Leider ebenfalls eine oft gesehene Fehlerquelle ist ein verölter Belag, bzw. Öl auf der Scheibe. Da viele der Bremsenhersteller, z.B. SHIMANO oder MAGURA Mineralöl als Medium in ihrem Bremsanlage besitzen (keine DOT-Bremsflüssigkeit) kann dies auch auf eine undichte Scheibenbremse hinweisen. Meist sind hier die Dichtungen an den Bremskolben verschlissen oder eingerissen und das Mineralöl läuft über die Rückseite der Bremsbeläge auf das System. Sehr achtsam sollte man auch beim Schmieren der Kette vorgehen. Kettensprays verursachen mit ihrem Öl-Sprühnebel gerne Ablagerungen auf der Scheibe. Von da gelangt das Öl auf die Beläge und diese saugen dann das Öl wie ein Schwamm auf. Hier hilft kein Abziehen oder ähnliches, nur der Austausch der Beläge und Reinigen der Scheibe bringt Abhilfe. Wir empfehlen prinzipiell Kettenöle in den Dosierflaschen. Gleiches gilt beim Reinigen des verschmutzten Bikes!
- Schleifende Bremse
Ein Schleifgeräusch aus dem Bereich der Scheibenbremse kann mehrere Ursachen haben!
- Bei Rädern, die keine Steckachsen besitzen sondern noch mit Schnellspanner fixiert werden, ist dies häufig der Fall - aber auch am einfachsten abzustellen. Beim Einbau der Laufräder darauf achten, dass die Scheibe mittig in der Bremszange sitzt und zwischen Belägen und Scheibe der gleiche Abstand vorhanden ist (meist nur wenige Millimeter, ein weißes Blatt Papier im Hintergrund hilft). Im Zweifelsfall das Laufrad noch einmal aus- und wieder einbauen.
- Ist z.B. einer der Kolben fest oder verkantet, kann auch ein Schleifen hörbar sein. Meist ist dies bei älteren Bremsanlagen der Fall. Auch nach längerer Standzeit des Bikes oder durch Korrosion nach Witterungseinflüssen (Stichwort: Streusalz) tritt dieser Fehler auf. Manchmal hilft hier schon das Reinigen der Bremszange und "Gängigmachen" der Kolben durch mehrfaches Ein- und Ausdrücken (Achtung: nicht den Kolben zu weit ausfahren lassen, da er sonst aus der Zange springt!). Sollte der Kolben nach wie vor nicht zum arbeiten zu bewegen sein, hilft nur eine Erneuerung der Bremszange!
- Auch bauartbedingt kann ein Schleifen in manchen Situationen auftreten, z.B. Fahren in Kurven mit Gewichtsverlagerung oder in einem bestimmten Geschwindigkeitsbereich. Beim letzteren ist oftmals das Reifenprofil der Übeltäter. Wir haben dies manchmal bei grobstolligen Reifen in der Kombination mit Asphalt (oft bei 20-25km/h). Die Stollen übertragen ein leichtes Hoppeln auf den Rahmen und die Bremsscheibe. Diese Vibrationen verursachen das Schleifgeräusch! Beim Fahren im Gelände ist dieses "Phänomen" nicht feststellbar und man hat die Wahl: Entweder damit leben :) oder auf einen Reifen mit Mittelsteg umsteigen, z.B. den Schwalbe Smart Sam.
- Häufig ist auch die Bremsscheibe verzogen (eiert) und touchiert dann abwechselnd den linken und rechten Bremsbelag. Das ist nervig, kann aber in vielen Fällen ausgerichtet werden (mit Spezialwerkzeug). Allerdings kann auch ein Austausch der Scheibe notwendig sein. Darauf achten, wenn man sein Bike in einen Fahrrad-Abstellständer schiebt - oft ist hier die Radfixierung im Bereich der Bremsscheibe! Natürlich ist auch nach einem Sturz oder beim Kontakt mit einem Ast o.ä. eine verbogenen Scheibe das Resultat... es gibt Schlimmeres!